Keime im Regenwasser ?
von Andreas Grond am
19.09.2000
Was ist mit Keimen aus
dem
Vogelkot, den die Vögel auf dem Dach hinterlassen. Dieser Kot (mit
Keimen) wird in die Zisterne gespült. Würden Sie Ihre
Wäsche
damit bei 40 °C waschen (und auch nachspülen), könnten
Sie
nicht verhindern, dass dadurch Keime mit in die Wäsche gelangen.
Bei
Babywäsche, die vom Säugling auch in den Mund genommen wird,
halte ich dies nicht für Problemlos.
Was würden Sie
vorschlagen,
um dieses Problem zu lösen.
M.f.G.
Andreas Grond
Ihr Frage ist berechtigt und beschäftigt viele Regenwassernutzer, insbesondere da Gegner der Regenwassernutzung gerne mit einem Horrorszenario über Keime und Bakterien Ängste schüren wollen oder unsinnige "Desinfektionsmittel" von der chemischen Keule bis hin zum UV-Strahler vertreiben. Ihre Befürchtung ist aber unbegründet.
Grundsätzlich ist vorweg zu erwähnen, daß wir nicht in einer sterilen Umwelt leben. Keime und Bakterien sind überall und bevölkern auch unsere Haut. Viele Keime und Bakterien sind soger lebenswichtig für uns.
Bei einer richtig gebauten Regenwassernutzungsanlage ist vor dem Speicher ein Filter (z.B. Filtersammler oder Wirbel-Fein-Filter) eingebaut, der den Schmutz abscheidet und in den Kanal (oder die Versickerung) abführt. Diese Filter haben die Eigenschaft, daß bei Regenbeginn der erste Schmutzschub komplett in den Kanal abgeführt wird und eine Ableitung des gefilterten Wassers erst erfolgt, wenn das Filtersieb komplett benetzt ist. Vogelkot, mit den daran haftenden Keimen, der bei Regen vom Dach abgelöst wird, gelangt somit nicht in die Zisterne, sondern in den Kanal.
Als 2. Reinigungsstufe der Anlage funktioniert der strömungsberuhigte Zulauf. Das frische, sauerstoffreiche Wasser wird unten im Speicher eingeleitet. Der Bakterienflor, der sich nach ca. 3-4 Monaten auf dem Sediment bildet, wird mit Sauerstoff versorgt und dadurch angeregt, das Speicherwasser zu reinigen (Klärwerksfunktion).
Dieses Prinzip funktioniert aber nur bei Filtern, die den Schmutz abführen. Bei Filtersystemen die den Schmutz ansammeln (z.B. Kies-/ Mattenfilter, Volumenstromfilter, etc.) wird der Vogelkot abgelagert und kann sich auflösen. Die Nährstoffe des Kots und die Keime können dann in gelöster Form in die Zisterne gelangen. Der Bakterienflor ist durch die Nährstoffüberfrachtung überfordert und es erfolgt ein erhöhter Sauerstoffverbrauch bei verminderter Reinigungsleistung. Das Wasser kann dann "umkippen".
In vielen wissenschaftlichen Untersuchungen über die Hygiene beim Regenwasser, unter anderem auch von Dr. Holländer vom staatl. Hygieneinstitut des Landes Bremen, wurde festgestellt, daß bei richtig gebauter Regenwassernutzungsanlage nach dem Stand der Technik (zukünftige DIN 1989) die Wasserqualität besser ist als die EU-Verordnung für Badegewässer vorschreibt. Dies bedeutet, daß selbst bei einem versehentlichen Verschlucken von Regenwasser in der Regel keine gesundheitliche Gefährdung besteht.
In einer "Chaos"-Anordnung beim staatlichen Hygieneinstitut wurde ein 3.000-Ltr.-Behälter mit Regenwasser künstlich mit 2 Kg Vogelkot "beimpft" und anschließend auf 370 Celsius erwärmt. Bei der Messung der Keimzahlen und theoretischen Ermittlung der Gesundheitsgefährdung wurde errechnet, daß ein Mensch 15 Ltr. dieses "verseuchten" Wassers trinken müßte, um mindestens ein Risiko einer Erkrankung einzugehen. Weitere Messungen der Keimzahlen nach 1 Woche ergaben, daß die Keime sich mikrobiologisch soweit abgebaut hatten, daß die Grenzwerte der EU-Verordnung über Badegewässer bereits unterschritten war.
Bei Untersuchungen über Wäschewaschen mit Regenwasser wurde festgestellt, daß bei kalt gewaschener Wäsche die Keimzahl der nassen Wäsche ca. 8 - 10% höher war als bei Wäsche mit Trinkwasser gewaschen. In trockenem Zustand war kein Unterschied mehr meßbar.
Es kann daher die
Nutzung
von Regenwasser zum Wäschewaschen uneingeschränkt empfohlen
werden,
wenn die Anlage nach dem Stand der Technik gebaut ist. Darüber
hinaus
ist noch zu erwähnen, daß meist geringere Waschmittelmengen
für das weiche Regenwasser benötigt werden, wodurch das
Risiko
von Waschmittelrückständen und Hautreizungen durch solche
Rückstände
reduziert wird.